Das spirituelle Leben in Indien ist vielfältig und in ein paar wenigen Tagen kaum zu durchschauen. Bruder Alex hat sich dennoch am Vormittag die Mühe gemacht, für uns etwas Licht in das Dunkel zu bringen. Erste Erkenntnis: die östlichen Religionen sind "inklusivistisch", d.h. sie haben kein Problem, die heiligen Stakeholder anderer Religionen als weitere Inkarnationen ihrer Gottheit anzunehmen.
Das kann Bruder Alex, der 8 Jahre in Deutschland gelebt hat und mit Kardinal Ratzinger (aka Papst emerit.) befreundet ist, für die westlichen Religionen natürlich nicht bestätigen. Für die katholische Kirche (auch in Indien) gilt: Du darfst keine anderen Götter haben neben mir. Allerdings macht Bruder Alex deutlich, dass es schon auch Unterschiede gibt. So ist offizielle Linie aus Rom, dass Andersgläubige durch Jesus erlöst werden, auch wenn sie ihn nicht kennen. Bruder Alex gesteht zu, dass Andersgläubige innerhalb ihres Glaubens erlöst werden.
Es folgt eine muntere Fragestunde mit erstaunlichen Erkenntnissen: Was haben Protestanten und Moslems gemeinsam? Beiden fehlt die Zentralgewalt, mit der Hilfe negative Auswüchse vermieden werden können. So hätte es ohne ein Machtwort aus Rom nie ein Ende der Kreuzzüge gegeben. Nun ja - nehmt Euch in acht, ich bin ungesteuerter Protestant!
Dann wird es für uns Profs kurz hektisch, weil ein Vertreter der deutschen Botschaft auf dem Campus ist und wir ihm vorgestellt werden sollen. Am Ende sind es gefühlte 15 Sekunden Smalltalk...
So, und dann bekommen wir die Auswirkungen der wohl etwas undisziplinierten IGP-Gruppe des Vorjahrs zu spüren. Weil es unsere Vorgänger geschafft haben, rund eine Stunde zu spät bei Bosch aufzuschlagen, kommt es zu folgender Dramatik:
- Um in jedem Fall pünktlich zu sein, setzen wir einen um 15 Minuten vorgezogenen Treffpunkt an.
- Unsere CU-Partner, die letztes Mal wohl einiges Unschöne von Bosch zu hören bekommen haben, planen ebenfalls einen Puffer ein - allerdings ohne unser Wissen
- Und bei Bosch war man sich klar, dass die IGP-Gruppe eh' zu spät kommt und rechnet mit uns keinesfalls vor dem ausgemachten Termin
Das Ende vom Lied: wir schlagen viel zu früh bei Bosch auf, unser Ansprechpartner ist noch "zu Tisch" und wir müssen eine halbe Ewigkeit im unklimatisierten Bus warten. Danke, IGP 2013!
Der Firmenbesuch selbst ist etwas durchwachsen. Außer der Aussage, dass die Ausbildung bei Bosch optimal ist, ist bei mir nicht viel hängengeblieben. Wir sind durch den Shopfloor gelaufen, der recht gut organisiert schien. Aber Fragen nach der Einlastung von Fertigungsaufträgen, Losgrößen und den Erfahrungen mit dem offensichtlich verwendeten Kanban bleiben unbeantwortet (fast: die überquellenden Puffer zwischen den einzelnen Stationen sprechen eine eigene Sprache).
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Nach unserer Rückkehr von Bosch steht noch "Interaction with MBA Students" auf dem Plan. Dabei handelt es sich aber nicht - wie von uns angenommen - um die Gruppe der MBA-Studierenden, die demnächst nach Würzburg kommen, sondern um einen anderen Kurs, der die Beziehungen zwischen Indien und Deutschland aufbereitet hat. Nach einigen interessanten Referaten endet das Ganze in einem Quiz, bei dem wir schrecklich versagen. Kostprobe gefällig?
Welche deutsche Schauspielerin ist ganz groß im Bollywood-Geschäft? Keine Idee? Aber hallo, das ist
Claudia Ciesla - kennt doch jeder! Und so geht es weiter, immer mit dem Hinweis unserer indischen Partner, dass die nächste Frage gaaaaaanz einfach sei. Lessons learned: der Alltag und die Vorstellung, was der jeweils andere über das eigene Land weiß, weichen doch ganz erheblich voneinander ab. Ich fürchte, das kann man auch durch die beste Cultural Preperation nicht vollständig vermeiden.